„Kompliment, Herr Karl“
13. Mai 2022 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenRezension von ……………………………… Christian Hanna
Das ist wohl das Einzige, was man nach dieser Produktion des Theaters Sellawie Enns zu Darsteller und Regisseur sagen kann.
Denn die trauten sich über den Monolog Der Herr Karl von Helmut Qualtinger & Carl Merz, der seit seiner Uraufführung (genauer gesagt Erstausstrahlung, es handelte sich ja um ein Fernsehspiel) nach einer längeren Phase der Umstrittenheit Publikum und Theaterschaffende begeistert; trauten sich über dieses zwischen Kabarett und Theater angesiedelte Stück, das dem Publikum in der Interpretation von Trägern bekannter Namen, die damit reüssierten (und manchmal auch scheiterten) im Gedächtnis ist.
Thomas Zimmermann, der umwerfend gute Darsteller dieses Wiener Antihelden, hatte mit dem Profi Heinz-Arthur Boltuch als Regisseur offensichtlich den richtigen Mann an seiner Seite. Denn neben all den (Un)tugenden, die diesen Herrn Karl ausmachen und die Zimmermann dem Publikum im genau richtigen Maß zeigt – seine Ignoranz, sein Opportunismus, seine Wehleidigkeit, seine Arbeitsscheu, seine absolute Empathielosigkeit, seine ideologische „Wendigkeit“, seine „Radfahrermentalität“, um nur die hervorstechendsten zu nennen, gelingt es Zimmermann und Boltuch auch, den ohne Rückgrat so gut lebenden Feinkostmagazineur (für den es ein reales Vorbild beim Gutruf im 1. Bezirk gab) ein bisschen „heutiger“ zu machen. Denn tatsächlich ist der Herr Karl dieser Inszenierung keiner, auf den man mit der Beruhigung, dass dieser Mensch Vergangenheit ist, blicken kann. Er ist unbeeinfluss- und unbelehrbar, er ruht fest auf seinem aus Vorurteilen betonierten Weltbild, er ist die permanente Selbstbestätigung seiner Ein- und Ansichten, kurz – er ist seine eigene Echoblase. Mit größerer Aktualität lässt sich dieser windige, unsympathische Selbstdarsteller wohl nicht ausstatten. Dabei verkommt der Abend aber nicht zu einer Tragödie, sondern bietet genug Raum auch für Unterhaltung und Lacher, die einem ob des stupenden Timings Zimmermanns oft genug im Hals stecken bleiben. Dafür nimmt er sich auch genug Zeit, bleibt immer der gmiatliche Wiener, der der Moderne wie der Kultur gegenüber skeptisch bis ablehnend bleibt, und präsentiert in seinem Feinkostmagazin die vielen historischen Anspielungen in einem Tempo, dass man noch in der Lage ist, sie in seinem eigenen Wissensmagazin einzuordnen (allemal schneller als das Arbeits“tempo“, das er vorlegt).
Also noch einmal: „Kompliment, Herr Karl. Hut ab!“