Seliger Franz Jägerstätter, bitt für uns
12. März 2019 | Von Hermine Touschek | Kategorie: Rezensionen
Rezension von ………………………………. Bernhard Jahn
Kaum ein anderer Oberösterreicher polarisierte im letzten Jahrhundert mit seinem Schicksal so sehr in der öffentlichen Wahrnehmung wie der 2007 von Papst Benedikt selig gesprochene Franz Jägerstätter. Und tut es zum Teil noch heute.
Als tief religiöser Christ lehnte er den herannahenden Nationalsozialismus von Beginn an ab. Er erkannte rasch die wahren Beweggründe für Hitlers Krieg und stimmte als einziger in seiner Heimatgemeinde gegen den Anschluss Österreichs. Anfangs noch als Spinner und Querulant verlacht, reifte in ihm die innere Überzeugung, für dieses Regime keine Waffe in die Hand nehmen zu können.
Am 1. März 1943 sprach er in der Kaserne in Enns die Wehrdienstverweigerung aus und wurde verhaftet. Es folgte ein monatelanges Martyrium bis er schließlich am 9. August 1943 in Berlin hingerichtet wurde.
Zutiefst umstritten ist seine Entscheidung nicht zuletzt bis heute, da er nicht nur seine geliebte Franziska, mit ihr drei gemeinsame Kinder und eine uneheliche Tochter hinterlassen hat.
„Der feige Hund. Lasst seine Familie im Stich, lasst seine Heimat im Stich“ schmettert der Chor der verzweifelten Franziska gleich im ersten Bild entgegen. Schwer vorstellbar, was diese Frau auch Jahrzehnte später noch an Anfeindungen ertragen musste.
Auf der St. Josefs-Bühne in Timelkam, bekannt für hochprofessionelles aber vorrangig humoriges Theater, erweist sich Felix Mitterers Jägerstätter als überaus mutige Stückwahl und perfekte Umsetzung aus den bewährten Händen des Multitalents Alois Hangler (Regie, Produktionsleitung, Bühnenbild).
Das ausnahmslos großartige Ensemble spielt hier keine Rollen, es trägt die Figuren wahrhaftig in sich und sorgt dadurch anhaltend für Gänsehaut und die eine oder andere Träne beim Betrachter. Wer glaubt, bei den DarstellerInnen auch nur einen Funken Unsicherheit entdecken zu können, der irrt.
Franz Reiner (Offizier), Gottfried Zwielehner (Bischof in Linz) und Karl Erkner (Pfarrer Fürthauer) pendeln in Ihren Rollen gekonnt zwischen Zuspruch und Ablehnung von Jägerstätter‘s Entscheidung.
Bernhard Gruber als Rudi und Bernhard Harringer als Oberlehrer stehen klar auf der anderen Seite, haben aber beide Ihre Momente der Einsicht. Herbert Seiringer versucht als Bürgermeister zu helfen, so gut er kann. Lotte Bachmann ist Jägerstätter‘s Mutter Rosalia und Rebecca Binder die Mutter seiner ledigen Tochter Hilde. Beides vom Schicksal gebeutelte Frauen und berührend glaubhaft auf die Bühne gestellt. Eine Wucht ist Andreas Krautschneider in seiner Rolle des Berliner Anwalts Dr. Feldmann. Als eitler Offizier der Wehrmacht stellt er alles dar, was Jägerstätter ablehnt. Er schafft es dennoch, zu ihm durchzudringen, ihn beinahe doch noch zu überzeugen keinen sinnlosen Tod zu sterben.
Bernhard Pfusterer schließlich zeigt einen facettenreichen und großartigen Jägerstätter. Seine Darstellung überzeugt derart, dass man als Zuseher unweigerlich in sein Leben eintaucht und die Momente des Glücks und des Leides mit ihm teilt.
Zu guter Letzt sei hier auf die fantastische Leistung Helga Stammlers als Franziska Jägerstätter verwiesen. Kaum zu glauben, dass Sie zum ersten Mal auf der Bühne steht.
Gemeinsam zeigt dieses Ehepaar, was wir als Menschen uns gegenseitig an Leid zufügen können, um schlussendlich doch zu der Überzeugung zu gelangen: Die Liebe kann es ertragen.
Das Premierenpublikum applaudierte stehend und zutiefst bewegt.
Bitte unbedingt Kartenreservierung beachten.