Granitene Wucht

4. August 2012 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension von Bernhard Paumann ………..

Dass die Urgewalt des Fauststoffes und Goethes geniale Faustdichtung durchaus für das Amateurtheater seine Reize hat, zeigen die Inszenierungen der Theatergruppe Kirchdorf im letzten Jahr und die heurige Produktion in der Bruckmühle-Pregarten. Nun also in Waldhausen die erdige Aufführung des „GRANIDD fausdd“ des Pöstlingberger Mundartdichters Joschi Anzinger in der Regie von Franz Horcicka.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Es ist hier Großartiges gelungen. Österreichs kleinste Seebühne bietet hier im Granitland eine eindrucksvolle Kulisse – noch dazu, wenn der Vollmond in Caspar David Friedrich-Manier über die Baumwipfel wächst und die beleuchtete Stiftskirche das Drama um eine Seelenwette begleitet. Die Bühne karg, die Auftritte aus einem weißen Vorhang, hinter dem sich eine Wohnzimmer-Landschaft verbirgt – aus dem Alltagsleben in die große Welt des Spiels?

Franz Horcicka weiß seine SpielerInnen zu führen und um die Wirkung von Massenszenen, überhöht durch das Spiel mit Masken (Rosa Teutsch). Fausdd (erdig gespielt von Werner Aigner) und Mephisddo (Alfons Puchner erinnert in Gestus und Haltung an die Rocky Horror Picture Show) werden von ihren Gewissen (Karina Reiter und Johanna Furtlehner) begleitet und bilden einen Kontrapunkt und eine Ergänzung der Charaktere.

Auerbachs Keller besticht durch eine exakte Choreographie eines bodenständigen Besäufnisses mit mühlviertlerischer Gstanzl-Kultur (Nosngust – gweddschn Fritz Hofer), die Hexenküche entführt in eine magische Welt, in der die Köpfe auf den Körpern zu tanzen scheinen, die Walpurgisnacht besticht durch flirrende Laute, Schemen im Schwarzlicht und kräftig-deftige Aktionen – was für ein wunderbarer teuflisch-hexischer Kosmos.

Greddchens Spiel (Renate Puchner-Wufka), textmäßig stark reduziert, ist berührend, anrührend und doch wieder etwas unterkühlt – Anzinger hat sich hier große Freiheiten gegenüber Goethe herausgenommen, und das ist gut so.

In der Sprache sieht der Regisseur „den herben Charme des mühlviertlerischen Dialekts, bereichert durch den schier unerschöpflichen sprachbiotopischen Bogen Anzingers, bereichert durch seine lyrische, kraftvolle und bunte Ebene“. Diese Sprachgewalt trägt das Stück, vermittelt die Erdigkeit und granitene Gebundenheit der ProtagonistInnen und lässt die Zuschauer staunend-nachdenklich zurück.

Der Mimus Bühne Waldhausen ist ein großer Wurf gelungen. Gespielt wird noch bis 25. August.

 www.mimusbuehne.at

 

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