De liab aund da dod aum attersee
10. März 2012 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenDas Original von William Shakespeare wurde vom Regisseur und dem dreiköpfigen(!) Ensemble in Dialekt übersetzt und neu umgeschrieben. Dabei sind ungemein lyrische Passagen, hinterfotzig gemeine Texte – ohne derb zu wirken -, Anklänge an die Sprache der Wiener Strizzis und sprudelnde Wortkaskaden entstanden. Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren: Hier ist Shakespeare authentisch.
Auch die Kargheit der Bühne muss erwähnt werden (Shakespeare hätte seine Freude daran!). Ein durchgehender grauer Vliesvorhang umschließt Bühne und Zuschauerraum, der mit Tischen und Sesseln zum Konsumieren einlädt. Ein rostiges Baugerüst, eine Scheibtruhe und aus. Die Schauplätze der Tragödie müssen daher erspielt werden. Und wie das gemacht wurde! Die Behäbigkeit des Detlef Dunkel als Pater Lorenzo, der mit seinem Berliner Dialekt einen wunderbaren Kontrapunkt zum bodenständigen Dialekt der Hauptprotagonisten bildet.
Sabine Prötsch (Julia und Godn) und Christian Hemetsberger (Romeo, Mercutio und Tybalt) zünden ein Feuerwerk an Pointen. Die mürrisch verkrampfte Julia spielt als Godn eine quirlige, überdrehte Person, der hinterwäldlerisch introvertierte Romeo zeigt als Mercutio einen typischen Wiener Strizzi aus dem 10. Hieb und als Tybalt einen lässigen, müden Raufbold. Die Unbeholfenheit des Liebespaares steigert sich zu einem Furioso in der ersten Begegnung auf dem Baugerüst, das an das slapstick-artige Spiel des Stummfilms eines Charly Chaplin oder Buster Keaton erinnert und keine Peinlichkeit, sondern eher Betroffenheit auslöst. Das präzise Spiel lässt keine Verwischungen der Charaktere zu, auch nicht in den stakkato-artigen Wechseln der Personen. Jede Stimmung, jede Bewegung, jede Emotion ist trotz der scheinbaren Leichtigkeit bis in die Tiefen ausgelotet.
Und noch etwas macht dieses Spiel um Liebe und Tod so stimmig: die Musik. Alois Humer am Kontrabass und Matthias Stabauer an der Steirischen Knöpferlharmonika breiten einen subtilen Klangteppich aus, der das Spiel kontrastiert, aber zugleich die erforderliche Stimmung herbeizaubert und die Charaktere tonal begleitet.
Mit einem Wort (oder auch zwei): Shakespeare pur. Man fährt nach einem Glas Tybalt Bluad oder Romeo Grachal und einem heazhaften Weckal in der Gewissheit nach Hause, einen großen Theaterabend erlebt zu haben.
Noch zu sehen am 9., 10., 16., 17., 23., 24., 30. und 31. März um jeweils 19 Uhr im Kultursaal in Seewalchen.