Wo Obdachlosigkeit zur Heimat wird
28. Dezember 2016 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenRezension von …………………………. Bernhard Paumann
Mit „Antigone im Schillerpark“ wird in mehrfacher Hinsicht ein – durchaus geglücktes – Experiment eingegangen.
Da gibt es die Kulturinitiative UWE-kultiviert, die allen Kulturinteressierten im Raume Linz eine Plattform für Theaterstücke, Ausstellungen oder Veranstaltungen bietet (Obmann Andreas Fazeni) und gleichzeitig das Bewusstsein der Bevölkerung für sozialkritische Themen aufbereiten soll.
Da gibt es eine innovative Verbindung des antiken Dramas „Antigone“ von Sophokles mit einer heutigen Problematik durch den Autor Hermann Luckeneder. So wie die antike Heroin ihren Bruder Polyneikes gegen die Androhung der Todesstrafe durch König Kreon so will die „Queen des Schillerparks“, die erfolglose Schauspielerin Marie ihren Freund Casablanca in seinem „Wohnzimmer“, dem Schillerpark, begraben.
Und da gibt es noch die Theatergruppe, deren Mitglieder aus Lichtenberg, Ottensheim, Gramastetten und Linz gemeinsam mit Obdachlosen von der „Kupfermuckn“ dieses Projekt meisterlich stemmen. Rebecca Hofbauer hat hier wahrlich Großartiges geleistet, vor allem in den Improvisationen, in denen die vom Leben Benachteiligten ihre eigene Situation, ihr Frieren im Winter, ihre Erfahrungen mit Behörden und ihre Beschaffungsmentalität unter die Haut gehend spielen (Sonja Taubinger, Christine Friedel, Manfred Schweiger und Manfred Rohregger). Das Milieu treffend ausgeleuchtet haben die anderen Schaupieler/-innen. Ulrike Matscheko gibt eine überzeugende „Queen“, die fürsorglich, aber auch mit rauen Tönen ihre „Schützlinge“ umsorgt. Manfred Kaiser spielt den Polizisten stellenweise etwas hölzern und mit erhobenem Zeigefinger (was wohl auch am Text liegen mag), aber er „menschelt“ so sympathisch, wie man es heutzutage nicht mehr gewohnt ist. Stefan Haas realisiert als Soletti einen Junkie so lebensecht, dass man fast zweifelt, ob es nur ein Spiel ist. Hermann Birngruber, Christopher Lackinger, Michael Türk, Daria Thalhammer und Felix Lettner komplettieren ein kompaktes Ensemble.
Die Zuschauer werden mit einem gerüttelt Maß an Betroffenheit berührt und überlegen sich, das nächste Mal nicht an einem „Kupfermuckn“-Verkäufer achtlos vorbeizugehen.