Diese Malaria macht nicht krank

9. Mai 2012 | Von | Kategorie: Rezensionen
Rezension von Bernhard Paumann: Das Internationale Integrative Kulturfestival sicht.wechsel hat zum dritten Mal in Linz seine Pforten geöffnet und rückt damit Menschen ins Zentrum, die allzu oft an den Rand gedrängt werden. Das Festival macht Menschen mit Beeinträchtigungen in unserer Gesellschaft sichtbar und bietet somit eine Plattform fürs Einbeziehen.Ein wichtiger Programmpunkt ist die Uraufführung des Theaters Malaria mit „Experiment Leben – Winklergasse 43“. Das Theater  entstand vor 19 Jahren aus einer Eigeninitiative von künstlerisch tätigen Menschen mit Behinderung im Diakoniewerk Gallneukirchen. Iris Hanousek-Mader ist Theaterpädagogin und Regisseurin und somit verantwortlich für das gelungene Experiment, SchauspielerInnen ihre Stärken ausspielen zu lassen, Themen aufzugreifen, die sie selber berühren, und sie – angereichert mit verschiedensten Theaterformen – auf die Bühne zu stellen – diesmal sogar im Posthof.Das so gemeinsam erarbeitete Stück handelt von einer seltsamen Wohngemeinschaft, wo beeinträchtigte und nicht beeinträchtigte Menschen zusammen wohnen, leiden, lieben, leben. Es ist für den Zuschauer völlig egal, ob bei den Darstellern eine Behinderung vorliegt, denn es wird ehrlich gespielt, auch mit den sprachlichen und bewegungsmäßigen Einschränkungen, und man ist von den Darstellungen angerührt, berührt, gerührt ohne Sentimentalität.Und so läuft ein Kaleidoskop von rührenden, komischen und betroffen machenden Szenen ab. Ein Faszinosum dieser Aufführung ist auch die kongeniale Musik von Rene Pichler und Yevgenij Kobyakov, die nicht nur untermalt, sondern auch kräftig schauspielerisch mitmischt mit ihrem „Chef“ Josef Landl.

Ruth Oberhuber spielt die Sophia Scheffler, die von ihrer Mutter die Wohnung erbt und sie in eine WG umwandelt, mit zarten Tönen. Sabine Schiffler lebt ihre Einsamkeit, dafür ist Stefan Mann der Mann fürs Laute, Schrille, Stefan Kastner brilliert als Postangestellter, Herwig Hack spielt auch in Frauenkleidern völlig natürlich, Florian Gerstl, Herwig Hack, Niki Kroiss und Brigitte Koxeder bilden mit den Profis Daniel Ruben Rüb, Christian Scharrer, Karin Schmid und Birgit Schwamberger ein kompaktes Ensemble.

Besonders reizvoll macht diese Uraufführung auch die Verwendung verschiedenster Theaterformen, so erleben wir Objekttheater in einer köstlichen Szene mit Nudelzangen, Pantomime mit einem imaginären Hund, Slapstick beim Geschirrabwasch oder Statuentheater bei den alltäglichen Abläufen in einer WG.

Wie gesagt: Diese Malaria macht nicht krank, aber sie macht nachdenklich über unseren Umgang mit Behinderung, zugleich aber froh, dass mit so viel Lebenslust Probleme bewältigt werden.

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