Menschlichkeit im Krieg – Liebe bis in den Tod
18. November 2015 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenRezension von ……………………….. Hermine Touschek
Nikos und Marulja ist ein Theaterstück nach dem Hörspiel von Leopold Ahlsen aus dem Jahr 1955. Die Theatergruppe Tragwein änderte den Originaltitel „Philemon und Baucis“, um nicht den Eindruck zu erwecken, es würde sich hier um das Werk von Ovid aus der griechischen Mythologie handeln. Für die Regie verantwortlich zeichnet Eva Stockinger.
Das Hörspiel variiert die antike Sage und spielt während des zweiten Weltkrieges, im von den deutschen Truppen besetzten Griechenland. Nikolaos (Franz Pichler) und Marulja (Eva Hötzendorfer), ein älteres Ehepaar, leben in einer Hütte in den Bergen. Begleitet von liebevollen, kleinen Streitereien fristen sie ihr bescheidenes Dasein. Von griechischen Partisanen hart bedrängt, ziehen sich die deutschen Truppen aus dem Lande zurück. Der Partisanenkrieg dringt in den Lebensraum der beiden Alten ein und macht sie zu tragischen Helden. Sie pflegen und verstecken aus Barmherzigkeit zwei verletzte deutsche Soldaten. Als sie entdeckt werden, lässt der gnadenloser Partisanenführer Petros (Andreas Viertelmayr) das Ehepaar standrechtlich als Verräter verurteilen und hängen. Ihrem letzten Wunsch gemäß sterben sie miteinander.
Im Nachhinein erzählt der alte Alexandros (Bernhard Mühlbachler) die Geschichte. Der Vergleich mit dem gastfreundlichen Paar aus der griechischen Sage drängt sich auf. Selbst die beiden Bäume, eine Eiche und eine Linde, sind vorhanden.
Nikolaos hat seine eigenen Prinzipien, und er denkt nicht im Entferntesten daran, diese in Kriegszeiten aufzugeben. Eine davon lautet: „Wer an meine Tür klopft, sei mein Gast.“ Nach dem alten Gesetz der Gastfreundschaft wird nicht zwischen Freund und Feind unterschieden.
Den Wunsch, dieses Stück zu spielen, trägt der Darsteller des Nikos, Franz Pichler, schon seit 14 Jahren mit sich herum. Das, was jetzt dabei herausgekommen ist, kann man nur in den höchsten Tönen loben. Ein spannender, packender Abend – hochemotional. Es geht um Ängste und Sehnsüchte und um ein sehr christliches Thema, nämlich Gastfreundschaft und Nächstenliebe. Immer – und mehr denn je heute – ein zentrales Thema.
Franz Pichler und Eva Hötzendorfer lassen das Publikum – bis ins Herz hinein – an ihrer Liebe und innigen Verbundenheit teilhaben. Und die Rollen sind ohne Sentimentalität oder irgendeine Charakterverzeichnung gestaltet. Nichts ist zu dick aufgetragen – nichts ist unnatürlich. Der Gedanke der Humanität wird auf naive und ehrliche Weise von den beiden Hauptpersonen verkörpert, ohne lehrhaft sein zu wollen.
Das Publikum ist hin und hergerissen zwischen der lauten, rohen Gewalt des unsinnigen Krieges und der Zartheit der Gefühle zwischen den Liebenden. Alka (Sarai Stockinger) liebt ihren Alexandros „noch mal und noch mal und noch mal so sehr“ – und man glaubt es ihr, und spürt es bis in die letzte Reihe.
Eva Stockinger arbeitet die Charaktere mit viel Fingerspitzengefühl heraus. Auch der – eigentlich tragische Schluss – lässt den Besucher nicht komplett trostlos zurück. Eine durch und durch glanzvolle Leistung des ganzen Ensembles. Auch das Bühnenbild ist auf kleinstem Raum stimmig und vereint Hütte, Stall und Berge, ohne irgendwo peinlich zu wirken.
UNBEDNGT ANSCHAUEN – noch zu sehen am: 20. und 21.11. 2015 jeweils um 20 Uhr
http://www.theatergruppe-tragwein.at/aktuell.html