Der quälende Schrei nach Luft

15. Juni 2012 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension von Bernhard Paumann ………….

Ein starkes Stück über Leben und Tod setzt uns die Kellerbühne Puchheim eindringlich vor. Das Drama „Atemnot“ von Michael Snelgrove, das erst vor 10 Jahren von St. Pöltner Amateurtheaterspielern (Theater Perpetuum) aus dem Englischen übersetzt wurde, lässt auch uns in dieser Inszenierung stellenweise den Atem anhalten.

Der Regisseur Uwe Marschner (Co-Regie Wolfgang Peer) hat diese schwarze Komödie über Karrieresucht, Nikotinsucht, Geltungssucht und die Freiheit der Entscheidung stimmungsvoll auf die Bretter gebracht. Dass die gewonnenen Höhenmeter durch eine andere Lautstärke des Windes und den Grad der Erschöpfung der Protagonisten dargestellt wurde, bedurfte erst einer nachträglichen Interpretation.

Besonders auffällig das funktionelle Bühnenbild, das zugleich Konferenzraum und Hochgebirgswelt symbolisiert – und da muss kurz auf den Inhalt eingegangen werden. Ein Tabakkonzern will seine verheerender Bilanz durch Sponsoring der Erstbesteigung des K 16 durch zwei berühmte Bergsteigerinnen verbessern, zugleich soll aber das Rätsel über die Expedition des Neffen des Konzernchefs in den 30er Jahren aufgeklärt werden.

Verbindende Figur zwischen den beiden bergsteigerischen Aktionen ist der Sherpa Ang (Markus Schwecherl zeigt gut die Facetten dieser Kunstfigur), Tragtier und Clown, Unterdrückter und Herr über Leben und Tod. In vielen kleinen Momenten blitzt hier die britische schwarze Komödie auf.

In den beiden Frauenpaaren (Managerinnen im Konzern und die Bergsteigerinnen) zeigen sich brillant die Karrieregeilheit und der Drang nach oben. Die triumphierende Naivität der Pansy (Michaele Wundsam) und die Coolness der Blaise (Daniela Mühlleitner), deren durchgehaltener amerikanischer Slang beeindruckte, sowie die Derbheit der Jana (Sabine Mospointner) und der unter Druck geratenen Henrietta (Irmlind Dienesch) überzeugten.

Nicht so stringent wirkten auf mich die beiden Bergsteiger Toby (Christoph Hatheier) und Cecil (Johannes Hirsch) – das überlegene koloniale Gehabe  und die Machbarkeit aller Dinge durch ein „Herrenvolk“ fehlten mir etwas. Ein Meisterstück an Gänsehaut aber brachte Cecil, als er als Geist mit der Ukulele auftauchte.

Da wäre last but not least Sir Byron Taplin (Hans Auer) zu erwähnen, dessen langsamer Verfall durch Lungenkrebs bühnenwirksam ausgelebt wurde. Sein Aufschrei: „Warum hat mir niemand etwas gesagt“ lässt eine Raucherlunge kurz nachdenken.

So bleiben der Schrei des Lungenkranken und der nach Atem ringenden Bergsteiger nicht ungehallt und entlassen die Zuschauer in einer nachdenklichen Stimmung und in dem Bewusstsein, einen großen Theaterabend erlebt zu haben.

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