Ein besonderer Kaktus blüht im Mühlviertel
24. Januar 2012 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenRezension von Bernhard Paumann:
Ein Kaktus gedeiht prächtig in einer kargen Landschaft, doch ist das theatrale Biotop der Theaterrunde Gutau keineswegs so verdorrt, dass nicht selbst bei Schneesturm der Pfarrsaal brechend voll ist. Zu sehen gibt es Heimo Aigmüllers Regieerstling „Die Kaktusblüte“ von Barillet & Grédy. Keineswegs ein zartes Pflänzchen, sondern eine grundsolide, flott inszenierte und mit dem Charme der frühen 70er Jahre gewürzte Boulevard-Komödie im besten Sinne.
Um es gleich vorweg zu nehmen, die Frauen wirken kräftiger, lebendiger, ja spielerisch übermütiger als die Herren. Edith Krennbauer kann überzeugend den kratzbürstigen Kaktus als Sprechstundenhilfe Stephanie geben, aber auch die zarte Kaktusblüte als Liebende, die schon lange enttäuscht aufgeben wollte. Die Antonia Kathrin Vieböcks ist lebendig und selbstbewusst, die Gräfin, gespielt von Doris Hinterreiter, genug exzentrisch, der Frühling von Boticelli der Claudia Hackl ein Wirbelwind, und die Kellnerin der Ingrid Klopf gewinnt raumgreifend Fülle.
Der Zahnarzt in Nöten, Emmerich Glatzl, könnte noch mehr von den Situationen betroffen sein, die er heraufbeschwört, dennoch eine solide schauspielerische Leistung. Ebenso die Rolle des Freundes Norbert, gespielt von Horst Prückl, in seiner bärig tapsigen Art oder der unaufdringliche Charme des Nachbarn (Gerhard Kuttner) oder die trockene Beamtenseele, die Franz Mayböck verkörpert.
Besonders angetan war ich von den schon szenisch gestalteten Umbauten im Schwarzlicht mit leuchtend weißen Händen. Da wird Szenenwechsel zum theatralischen Erlebnis.
Sehr schön auch die funktionelle Gestaltung der Bühne, die durch das Verschieben des Hintergrundvorhangs gut die Schauplätze charakterisierte. Das Flair der 70er, das authentisch getroffen wurde, spielte auch noch im Foyer weiter
Schön erlebte zwei Stunden, in denen der Humor mit feiner Klinge das Spiel durchzog (Fetzen aus einem Pausengespräch: „Recht g’lacht hab i no ned“), ein engagiertes spielfreudiges Ensemble, eine unaufgeregte, aber gediegene Regie. Herz, was begehrst du mehr.