Ein Akt der Emanzipation
9. Juni 2015 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenRezension von …………………………Bernhard Paumann
Wahrlich, das Theater M.23 (Mengerstr. 23) der Katholischen Hochschulgemeinde ist immer ein Hochseilakt zwischen Philosophie und Ästhetik, Verständnis und Ratlosigkeit, hochprofessionellem Spiel und sprachlicher Gestaltung. Diesmal ist es die Komödie „Adam und Eva“ des 1955 in die DDR übersiedelten und an Bert Brecht geschulten Peter Hacks.
„Angelpunkt ist der aus der Bibel hinlänglich bekannte Sündenfall, aber es dreht sich um alles, was die Welt zusammenhält“ heißt es im Programmtext. Was Peter Hacks an der Fabel interessiert, ist die Figur des biblischen Gottes, der Urtypus menschlicher Emanzipation und die dialektischen Widersprüche. Diese Gestaltungselemente sind in der meisterlichen Regie des Landestheater-Profis Erich J. Langwiesner aufgegangen und in der sprachlichen Gestaltung – mit wenigen Abstrichen – bestens gelungen.
Adam und Eva entspringen der Langeweile und Einsamkeit Gottes. Diesen legt Markus Schlagnitweit facettenreich und lebendig-widersprüchlich an. Nicht eingeengt durch steife Würde, sondern prall im Leben mit dicker Zigarre und Hang zu hochgestylten Bikes. Mit Humor, Selbstironie und Witz vereinigt er Gelassenheit und überlegene Souveränität mit fast kindischer Verliebtheit in seine Schöpfung. Also auch in seine Engel. Gabriel (Michael Kutsam), borniert positiv bis zum Hang zur Selbstüberschätzung als Ratgeber Gottes, spielt diese Rolle geschickt aus, allerdings leidet der Zuschauer manchmal an der Verständlichkeit des Gesagten. Brillant Satanael (Christoph Schöffl), der – auch sprachlich ausgefeilt – borniert negativ das Wesen des Bösen, die Störung der göttlichen Ordnung ausspielt. Köstlich seine Szene als verführerische Schlange.
Adam (Stefan Schobesberger) und Eva (Doris Roth) haben ihre starken Momente, überzeugend in der Szene, wo sie vom Apfel kosten und erkennen, dass Selbstbestimmung ein Akt der Emanzipation von Fremdbestimmung darstellt.
Ein äußerst gelungener Regieeinfall ist der Einsatz des Chores (Nora Krassnig-Plass, Viktoria Schöffl, Theresa Stampler, Susanne Wullner, Michael Mayrhofer, Markus Schaberger, Josef Haider und Stefan Raffetseder), der in Punker-Kluft in wunderbarer Tonalität Kirchenlieder zum Besten gibt.
Theater M.23 ist schwere Kost, aber durchaus bekömmlich.