Die Schwüle der Nacht und die Schwüle des Leibes…
10. April 2016 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenRezension von ………………………….. Bernhard Paumann
… sind die Ingredienzien der Tragödie in „Bernarda Albas Haus“ von Federico Garcia Lorca in einer schaurig-schönen Inszenierung im Theater in der Werkstatt Kirchdorf. Johanna Horcicka und Eva Bodingbauer (Regie und Bühnenbild) haben die beklemmende Atmosphäre in diesem reinen „Weiberhaushalt“ genial eingefangen und ungemein dicht umgesetzt.
Rosa Deutsch als Bernarda Alba glaubt ihre fünf Töchter fest im Griff zu haben, wirkt autoritär und nobel, ein Quentchen Sadismus hätte vielleicht nicht geschadet. Alles dreht sich um einen Mann, um Pepe el Romano, der nie auftritt, aber die Katastrophe auslöst, der mit der Ältesten, Angustias (Helga Lang changiert hier gekonnt zwischen Mobbingopfer und anmaßender Herausstellung als Braut) verlobt ist, aber von Martirio (Elisabeth Neubacher spielt sie fies, radikal unsympathisch und doch auch als große Liebende) zwanghaft verehrt wird. Die beiden anderen Schwestern (Eva Hebesberger und Martina Geiseder) spielen zwar eine untergeordnete Rolle, verstärken aber die Konflikte, indem sie die Fassade innerhalb der Familie verinnerlichen. In den Augen der Jüngsten, Adele, (Christina Reichsthaler) sprüht das Feuer, das zwischen den Beinen tobt, sie gibt sich Pepe hin und setzt sich über die Konventionen hinweg, sie spielt nicht die Revolutionärin, sie ist sie. Ihr tragischer Selbstmord ist noch nie so ästhetisch dargestellt worden.
Einen bemerkenswerten Auftritt hat auch Ingrid Pohn als Großmutter, die sich gegen die allmächtige Bernarda auflehnt und von Heiratsplänen und Kinderwunsch fantasiert. Ein schauspielerisches Feuerwerk brennt aber Helga Gutwald als Magd La Poncia ab, sie ist geschwätzig und verschwiegen, herausfordernd und unterwürfig, ahnt die Katastrophe und kann nichts unternehmen.
Die Kleinheit der Bühne erzeugt eine dichte, bedrängende Enge, die niemanden entweichen lässt. Stoffbahnen dienen nicht nur als Bühnendekoration, sondern werden Requisiten, werden Tisch, Kind, Aussteuer. Ganz auffallend sind die Pausen, die die Szenen einfrieren lassen und so eine Verschnauf- oder Nachdenkpause für die Zuschauer bieten in wiederholenden Handlungen und rhythmisierenden Bewegungen. Mit dieser Inszenierung hat sich die Theatergruppe Kirchdorf ein weiteres Denkmal gesetzt.
Weitere Aufführungen: 14., 15., 16., 21., 22., 23. April jeweils um 20 Uhr
24. April um 18.00 Uhr
28., 29. und 30. April jeweils um 20.00 Uhr
http://www.theater-kirchdorf.at/menschen/aktuelles/text.htm