Die kleinen Löcher im Gedächtnis

30. April 2017 | Von | Kategorie: Rezensionen

Vater

Rezension von ………………………… Hermine Touschek

Alzheimer – diese Diagnose löst bei Betroffenen und Angehörigen gleichermaßen Erschrecken aus. Die Tragikkomödie „Vater“ von Florian Zeller hat dieses Thema raffiniert gebaut und mit beiläufiger – französischer – Leichtigkeit zum Inhalt. Der „ComediaClub Pregarten“ hatte mit diesem Stück unter der Regie von Birgit Schwamberger-Kunst am 20. April in der „Bruckmühle“ Premiere.

Florian Zeller ist einer der gefragtesten jungen Dramatiker Frankreichs. Das Stück wurde 2012 in Paris uraufgeführt, 2014 mit dem Prix Molière ausgezeichnet, und ist seither auf zahllosen europäischen Bühnen zu sehen.

Das Interessante – und auch Verwirrende – an diesem Stück ist, dass in 15 Szenen gezeigt wird, wie es der Betroffene selbst erlebt, wenn die Demenz fortschreitet. Trotz der Tragik des Themas kommt aber auch der Humor nicht zu kurz.

Andreas (Rudolf Hofer), Witwer, Vater von zwei Töchtern, merkt, dass sich etwas verändert – es verschwinden Sachen, er fühlt sich bedroht, verfolgt, er verliert die zeitliche und räumliche Orientierung. Vor seiner Tochter Anna (Susanna Wurm) versucht er vergeblich den Eindruck  aufrechtzuerhalten, alles sei in Ordnung. Für sie ist es offensichtlich, dass er alleine nicht mehr zurechtkommt. Sie organisiert für ihn Pflegehilfen, mit denen sich der alte Mann aber ständig zerstreitet. Und nun will sie mit ihrem neuen Lebenspartner nach Hamburg gehen. Was tun?

Die fortschreitende Verunsicherung macht sich auch im Zuschauerraum breit. Personen, Orte und Geschehnisse entgleiten – man verliert die Orientierung. Rudolf Hofer als Andreas nimmt die Zuschauer langsam, intensiv spürbar, mit in das Reich der Schatten. Mal bärbeißig und kraftvoll, mal charmant, versucht er seiner Umgebung etwas vorzuspielen – etwas, das immer mehr offenkundig wird. Er zeigt eine große Skala an Gefühlen – von tyrannisch bis mitleiderregend – gibt er am Ende auf und ruft nach seiner Mutter: „Mama, ich will weg von hier. Ich will, dass man mich hier wegholt. Ich will nach Hause.“

 

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