Ein Mord von „oben herab“
9. April 2015 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenRezension von …………………………..Bernhard Paumann
Absurdes/ groteskes Theater ist ein sehr eigenartiges Genre. Einerseits bietet es ungeheuer viele Möglichkeiten zu experimentieren, andererseits evoziert es häufig beim Publikum inhaltliche Verständnislosigkeit. So findet sich in der Amateurtheaterszene diese Theaterform in homöopathischen Dosen. Umso wichtiger ist es, dass das Theater Kirchdorf sich an die groteske Komödie „Yvonne, die Burgunderprinzessin“ von Witold Gombrowicz gewagt und restlos überzeugt hat.
Die Geschichte eines unscheinbaren, stummen Mädchens, das ein Prinz aus Übermut heiratet, ist Anlass für die „high society“ des Hofes für Beschämung, Hass und Aggressivität. Daher muss Yvonne „von oben herab“ beseitigt werden und stirbt an einer verschluckten Gräte bei einem „Karauschen“-Mahl.
Dass das Theaterurgestein Franz Horcicka den Text nicht einfach nur gekürzt hat, sondern mit Herz und Hirn interpretiert und experimentelle Leckerbissen eingearbeitet hat, tut dem Stück und dem hervorragenden Ensemble gut. So hat er Wortfetzen aus Chlebnikovs Sternensprache eingebaut, wie sie die Akteure der Commedia dell‘ arte bei ihren Auslandsgastspielen in der jeweiligen Landessprache (die „Grammelots“) verwendeten.
Es wäre nicht die Kirchdorfer Gruppe, wenn nicht Figuren und Masken im Spiel wären (Ausstattung: Rosa Teutsch, Sieglinde Kemptner, Eva Hebesberger), die immer wieder einen besonderen Reiz ausstrahlen. Noch dazu hat Horcicka eine zweite Ebene mit Schwarzlicht eingeführt, die den Charakter der Irrealität hervorheben soll im Gegensatz zur Sphäre der irdischen Gegenwart. In einer dritten Ebene arbeitet er sehr effektvoll mit Lichtstrahlen, die einen nahezu überirdischen Zauber bewirken.
Das sehr effektvoll spielende Ensemble besticht durch eine überdeutliche Sprache und der Commedia dell‘ arte entliehenen und umgeformten Bewegungsmustern, die durchgängig gehalten werden und die Intensität des Ausdrucks steigern. Ein Haus- und Hofmusiker (Helmut Meixner) sensibilisiert den Zuseher zum Zuhörer und setzt auch dramatische Momente. Ingrid Pohn als stumme Yvonne besticht durch ihre mimische Vielfalt, Kurt Geiseder durch Arroganz und Herablassung. Prinz Philipp (Thomas Hartwagner-Lindorfer) changiert gekonnt zwischen Lächerlichkeit und gespielter Würde. Der Kammerherr (Thomas Hochreiter) spielt gekonnt Intrigant und mahnendes Gewissen. Aber auch die weiteren Akteure: Andrea Falkner, Vincent Gebesmair, Martina Geiseder, Gerhard Mair und Gertraud Waldhör-Saatmann tragen zum Gelingen des wunderbaren Abends bei und entlassen die Zuschauer in eine schwebende Irrationalität.
Termine auf: http://www.theater-kirchdorf.at/menschen/termine/text.htm