Ein Schatz an Skrupellosigkeit
6. April 2013 | Von Hermine Touschek | Kategorie: Rezensionen(Rezension von ……………….. Bernhard Paumann) wurde von der Theatergruppe Gründberg mit Félicien Marceaus Satire „Das Ei“ gehoben. Der Schatzgräber (und Regisseur) Christian Sinnhuber hat dieses Stück in memoriam Traudi Rinner, der Seele des Ensembles, gewidmet. Geschrieben 1956, von Sinnhuber auf dem Flohmarkt 1990 entdeckt, hat es heute einen erschreckenden Gegenwartsbezug, in einer Welt der Strassers und Grassers, Mensdorffs und Hocheggers, in einer Welt, in der nur mehr die Unschuldsvermutung gilt und vergangenes Unrecht nicht mehr erinnerlich ist.
Ein Mann – Magis – steht auf der Bühne, berichtet conferencierhaft, wie es ihm immer wieder missglückt ist, die Realität zu fassen: Sie hat sich ihm entzogen, rund und glatt und verschlossen wie ein Ei; dann erst, mit einer kleinen und später mit einer größeren Schurkerei, ist er ins Innere des Systems, ins Innere des Eies gelangt. Emile Magis (Michael Holzinger spielt ihn glaubhaft, wenn auch ein wenig verhalten) ist der Prototyp dieses Menschenschlags, der sich über alle Grenzen der Moral und Gesellschaft hinwegsetzt, mit einem coolen Achselzucken Situationen schafft, die andere leiden lässt, stets auf seinen Vorteil bedacht und selbst einen Mord in Kauf nimmt, um diesen seinem Gegenspieler Gustave (rührend in seiner Hilflosigkeit Simon Weißenberger) in die Schuhe zu schieben.
Die Inszenierung ist stimmig. In einem Bühnenbild werden verschiedenste Schauplätze angespielt und glaubwürdig dargestellt und geben den SpielerInnen so manche Gelegenheit, Witz und Charme aufsprühen zu lassen, allerdings für mich etwas zu verhalten (war die Spannung der Premiere zu groß?). Sehr präsent die Schwiegereltern des Magis, das Ehepaar Berthoullet (Isolde Weissengruber und Klaus Schobesberger). Das relativ kleine Ensemble taucht in den verschiedensten Rollen auf und diese werden großteils glaubhaft auf die Bühne gesetzt. Was mir fehlte, war das Tempo, allzu gemächlich wurde die Schlussverhandlung bei Gericht abgewickelt.
Resümee: Ein Stück, das man sich merken sollte und das Zeug hat, in den großen Kanon guter Boulevard-Satiren aufgenommen zu werden. Und von der Theatergruppe Gründberg wünschen wir uns häufiger so sozialkritisches Theater.
Gespielt wird noch: 6./10./12./13.April jeweils 20.00 im Pfarrsaal St. Markus /Linz Gründberg