Am Abgrund von Anspruch und Realität

2. Juli 2018 | Von | Kategorie: Rezensionen

KHG1

Rezension von ………………………… Bernhard Paumann

Auf die Frage, warum nach „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“ schon wieder ein Werk des französischen Jung-Stardramatikers Joȅl Pommerat, nämlich die Sozialsatire „Mein Kühlraum“, auf dem Programmzettel der Theatergruppe M 23 der Katholischen Hochschulgemeinde steht, bekommt man die Antwort, die Regisseurin Bettina Buchholz habe es sich so gewünscht. Und es ist durchaus kein Fehlgriff gewesen, das Stück ist aktuell, zeigt intensive Facetten der Arbeitswelt, bringt Theater im Theater und hat auch das Quäntchen Skurrilität, das es über „normales“ Amateurtheater hinaushebt.

Ein cholerischer Firmenbesitzer (stark geerdet Stefan Schobesberger) vermacht seiner Belegschaft, nachdem er von seinem bevorstehenden Tod erfahren hat, seine Firmen. Nur die gemobbte Arbeitsbiene Estelle (in ihrer Hilflosigkeit anrührend, in ihrer Tatkraft sehr bewegend Paula Reimer) glaubt an das Gute in ihrem Chef. Nur die Ideen des Menschen seien schlecht, nicht der Mensch selbst. Als Gegenleistung will Estelle ihrem Chef ein Theaterstück widmen, an dem die Truppe scheitert.

Aus der Vielzahl der Akteure fällt der Lagerverwalter Chi auf, der unverständlich redet und Christoph Pühringer zieht das mit bewundernswerter Konsequenz durch, ebenso wie Felix Valmont als sein Kollege sein Stottern. Mit beiden Beinen im Leben stehend gibt Markus Schlagnitweit einen Metzger. An Hitchcock oder Edgar Wallace erinnert Estelles Nachbar Christof Schöffl. Das gesamte Ensemble zeigt außerordentliche Spielfreude und intensives Spiel. Die zahllosen Blacks liegen wohl an der Konzeption des Stücks, aber es gäbe hier sicher regiemäßig Vermeidungen. Auch hätte das Stück ein gerüttelt Maß an Kürzungen vertragen.

Dennoch: ein intensiver Abend, der einen auch nachdenklich in die kühle Sommernacht entlässt.

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