Grande Dame spielt Grande Dame
30. August 2014 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenRezension von …………………………. Bernhard Paumann
Ein Gustostückerl eines Kammerspiels inszeniert die Welser Bühne mit „Die Memoiren der Sarah Bernhardt“ (Regie: Ady Flasch, Beatrix Regelsperger). Die eine Grande Dame, die 91jährige Elfriede Wollmarker, spielt, nein, lebt die andere, die alternde Diva Sarah Bernhardt, die größte Schauspielerin ihrer Zeit. Und welche Zerbrechlichkeit, aber auch Kraft und Vitalität stecken in diesem Urgestein des Welser Theaters, das seit 1967 ein breites Feld der Theaterliteratur absteckt.
Sarah Bernhardt rekonstruiert ihre Vergangenheit mit ihrem Faktotum George Pitou (Erwin Friedl), mit dem sie in Hassliebe jahrzehntelang verbunden ist, für ihre Memoiren. Dabei muss George in einem rasanten Taumel zwischen Realität und Rollen changieren, was immer wieder für Heiterkeit sorgt. Friedl gelingt hier der Spagat zwischen völliger Ahnungslosigkeit und bis zum Überdruss gespielter Rollen. Und doch glimmt bei aller Verdrossenheit des Kammerdieners immer wieder die stille Bewunderung und Nachsicht mit den Launen der Diva auf.
Die stille Bewunderung gilt aber auch Elfriede Wollmarker, die mit einer ungeheuren Präsenz und Textsicherheit die Rolle der bizarren Schauspielerin gestaltet. Leise Zwischentöne wechseln mit eruptiven Zornesausbrüchen, die keinen Widerspruch dulden, pathetisches Bühnengehabe löst Verzweiflung mit dem gebrechlichen Körper (Sarah Bernhardt wurde ein Bein amputiert) aber auch ungebrochenen Lebenswillen ab. Am Schluss sagt sie: „Im Himmel gibt es eine Blume, die allen Schmerz vergessen lässt, auch den Schmerz der Liebe“ – und Bernhardt war eine große Liebende. Wollmarker lässt uns mit ihrer schauspielerischen Präsenz ungeteilt teilhaben und zeigt uns, dass man die Welt des Theaters niemals mehr verlassen kann, wenn sie einen erst gepackt hat.