Leopoldschlager Sternstunde

30. Juli 2015 | Von | Kategorie: Rezensionen

WilleRezension von ………………………………. Christian Hanna

Als wirkliche Sternstunde des Amateurtheaters kann man die heurige Sommerproduktion der Grenzlandbühne Leopoldschlag bezeichnen. Diese Inszenierung des Stücks Jägerstätter Besser die Hände gefesselt als der Wille von Felix Mitterer lässt die Grenzen zu den Profis vergessen!

Regisseur Helmut Boldog setzt in seinem stark chorischen Konzept die einzelnen Szenen wie Holzschnitte zusammen, schafft in langsamen, bedeutungsschweren (aber keineswegs schwerfälligen) Bildern einen modernen Kreuzweg mit alten, wirkungsmächtigen Mitteln, die am Ende als ein erratischer Block dastehen. Boldog gelangt so zu einer Intensität, die Publikum wie Darsteller schmerzt und während der gesamten Aufführungsdauer keinen Moment der Entspannung zulässt.

Geradezu meditativ wirkt das Bühnenbild von Georg Kriechbaumer mit seinen kopflosen weißen Gestalten, die die schweigende Masse vermehren, und dem zentralen Mittelstück – heimeliges bäuerliches Stubenfenster und kaltes Kreuz zugleich.
Der Qualität der Inszenierung entspricht auch die des Ensembles. Nur selten begegnet man einer solchen Sprachdeutlichkeit und Konzentration bis ins kleinste Detail, kein falscher Ton ist zu hören. Das gilt für die kleineren Rollen – Gerhard Becker als loyaler Verteidiger Dr. Feldmann, Martin Oberngruber als widerstandsbereiter Wehrmachtsoffizier, Wolfgang Aistleitner als knorriger, politisch lavierender Linzer Bischof, Mario Ruschak als streitsüchtiger Großbauernsohn, Gerhard Neunteufel als bedrängter St. Radegunder Bürgermeister, Dominik Chalupar als opportunistischer Pfarrer Fürthauer und Herbert Schaumberger als linientreuer Ortsgruppenleiter – sowie besonders für die vier großen. Martina Lanzerstorfer ist die verbitterte, neiderfüllte Mutter des ledigen Kindes Jägerstätters, Elisabeth Neulinger ist als Jägerstätters Mutter ihrem Sohn ganz ergeben, als Schwiegermutter aber eine Beißzange. Andrea Pammer ist eine großartige Franziska Jägerstätter, offen, herzlich und optimistisch trotz ihres Unverständnisses über die Entscheidung ihres Mannes. Der Franz Jägerstätter Bernhard Jahns ist ein Ereignis; seine Entschlossenheit in allen Dingen, seine Kraft auch im Zweifel, in den dunklen Stunden überwältigend.

Überwältigend auch der Applaus für dieses große Theater im kleinen Leopoldschlag.

Noch zu sehen am:
29./30./31. Juli 1./6./7./8. August um 20. Uhr
Sonntag 9. August 2015 um 15. Uhr
http://www.grenzlandbuehne.at/index.php/sommertheatertage/2015-jagerstatter/

Leopoldschlag1

 

 

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