Elterntreffen führt zu Gemetzel
4. Mai 2014 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenRezension von ……………………. Bernhard Paumann
Yasmina Rezas Erfolgsstück „Der Gott des Gemetzels“, 2006 in Zürich uraufgeführt, hat seinen Weg, durchgängig erfolgreich, nach Marchtrenk gefunden.
Die bitterböse Komödie über einen Elterntreff bezüglich zweier eingeschlagener Schneidezähne Brunos, der Aufklärung bringen soll, gerät unversehens zu einem partnerschaftlichen Schlamassel. Der alte Regiefuchs Helmut Boldog hat hier ein Ensemble gefunden, das mit viel Wortwitz, Esprit und Spielfreude die Fassade der bürgerlichen Gesellschaft abbröckeln lässt und die wechselnden Solidaritäten der beiden Ehepaare rasant gestaltet.
Véronique (Hermine Touschek, die sich von anfänglicher Verhaltenheit zu einem wahren Crescendo der Gefühle entwickelt) und Michel (Karl Krennhuber, der mit starrer Mimik zwischen Weichheit und John Wayne Machismo changiert) sind die Eltern des Opfers, die in einem pädagogischen Anfall sich mit Annette (Andrea Märzinger, deren seelisches Unbehagen sich in ganz konkreter Übelkeit Luft verschafft und sich zu einem trunkenen Furioso steigert) und Alain (Martin Kaiser als dauertelefonierender Anwalt, der Abgebrühtheit, Hilflosigkeit und Desinteresse zu einer explosiven Mischung mixt) treffen, um die Angelegenheit zu regeln, aber in ein wahres zwischenmenschliches Gemetzel geraten. Hier gilt kein Ehebund, hier regiert egoistischer Konkurrenzkampf.
Langsam steigern sich die gut herausgearbeiteten Charaktere in eine schier ausweglose Situation, in der die Ehe „eine der schlimmste Prüfungen ist, die uns das Leben auferlegt“. Jeder Hieb sitzt und lässt bisweilen das Lachen im Halse ersticken. Die Fronten zwischen den Paaren sind nicht klar abgesteckt, und zwischen Espresso und Clafoutis (Art Obstkuchen), übergehend zu Hochprozentigem, wird die Fassade des zivilisatorischen Umgangs miteinander abgestreift, unterdrückte Ressentiments explodieren in offenem Hass.
„TheMa“ hat hier dankenswerter Weise ein Thema aufgegriffen, das hinter verschwiegene Befindlichkeiten leuchtet und schonungslos mit dem Gutmenschentum abrechnet.
Noch zu sehen: 4.5. um 17.00, 8. und 9.5. jeweils 20.00 im Volkshaus Marchtrenk