Der Schrei zerreißt das Weihnachtsidyll

28. November 2016 | Von | Kategorie: Rezensionen

krahRezension von ……………………….. Bernhard Paumann

Dass Weihnachten jenseits von Waggerl-Land, Waldheimat und Salzburger Advent, eine Zeit der Besinnung und Selbstbestimmung sein kann, eine Zeit des In-sich-Hineinhörens bedeutet, ist heute für uns evident. Dass es auch die dunklen Seiten des Menschseins hochschwemmt, zeigt uns eindrucksvoll frei-wild molln mit ihrer Produktion „der krah“ des Kufsteiners Klaus Reitberger.

Wenn der Rabe schreit, stirbt ein Mensch, prophezeit die Altbäurin. Mit einem Kompendium an Hass, Geifer und Hinterhältigkeit gespielt von Renate Weissböck, die auch den an einem stürmischen Heiligen Abend hereingeschneiten Flüchtling (berührend in seiner Stummheit der Afghane Ehsan Khodadadi) vergiftet. Dumpf wird der Fremdenhass ausgespien. Bekannte Verhaltensmuster werden gepflegt, auch von den Bauersleuten Barbara und Friedl (präzise Charakterdarstellung durch Ingrid Fischeneder und Manfred Sulzbacher). Allein die in der Stadt studierende Tochter (mit viel Herzblut gespielt von Barbara Schmiedberger) zeigt noch Anteilnahme und menschliche Regungen, während die kleine Welt in der Abgeschiedenheit der stürmischen Winternacht in Selbstgefälligkeit und falscher süßlicher Weihnachtsstimmung in Brüche geht. Noch dazu hat der Rabe ein zweites Mal geschrien.

Auch wenn der Text manch flache Stelle aufweist, ist die spielerische Umsetzung rundum beeindruckend, berührend und anrührend. Franz Strasser hat mit seinen Schauspielerinnen und Schauspielern unter die Haut gehend inszeniert. Besonders angetan war ich von der Gruppe Einheimischer (Willi Berger-Dietl, Dagmar Brugger,Christa Dirisammer, Eva Maria Haubl, Inge Hörschinger, Wilfried Schrutka, Sepp Wecht und Resi Zeitlinger), die Volkes Stimme repräsentiert und an den Chor in der griechischen Tragödie gemahnt. Mit ihren abgezirkelten Bewegungen, so manch unreiner Intonierung und beklemmenden „Sagern“ unterstreichen und erhöhen sie die tragischen Ereignisse, die sich in einem genial einfachen und überaus stimmigen Bühnenbild (ebenfalls Franz Strasser) abspielen.

Was mich an dieser überaus gelungenen und zu Herzen gehenden Inszenierung gewaltig stört, ist die völlig unnötige (ich weiß, der Wirt will auch ein Geschäft machen) Pause, die uns aus dem spielerischen Spannungsfeld herausreißt und die es den Agierenden schwer macht, uns wieder in das Spiel hereinzuholen.

Wird noch gespielt am:

2./3./7./9./10. Dezember jeweils um 19.30 Uhr,  Nationalpark Zentrum Molln
http://www.theater-frei-wild.at/aktuelles

 

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